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SOUDURE und unsere eisernen Reserven

SOUDURE ist das französische Wort für Schweißnaht oder Lötstelle. Im frankophonen Afrika hat das Wort eine besondere Bedeutung. Es bezeichnet die Zeit, die zwischen dem Ende der Vorräte und dem Beginn der neuen Ernte vergeht. Diese Periode des Mangels dauert oft zwischen Anfang Juni bis Mitte September.

Nach jeder Ernte füllen die Familien in den Dörfern lederne Beutel mit Hirse, Gerste oder Reis. Diese werden so trocken wie möglich in die hintersten Winkel der Vorratskammern gelegt. Was auch geschieht, dieser Vorrat wird nicht angerührt. Denn er ist das Saatgut für das kommende Jahr. Bevor das Saatgut angerührt wird, werden die Habseligkeiten verkauft, die Tiere geschlachtet, die Kinder zum Arbeiten in die Stadt geschickt etc. Erst wenn der Hunger lebensbedrohlich ist, wird das Saatgut angetastet.

Diese Geschichte habe ich in dem Buch „Die Entdeckung der Nachhaltigkeit“ von Ulrich Grober gefunden. Dort (S.7f.) heißt es weiter: „Afrika ist ein großer Lehrmeister. Er erzieht zur Resilienz. Das ist die Fähigkeit, Schläge aller Art von sich abfedern zu lassen und Widerstandskräfte zu mobilisieren, um Perioden der Entbehrung nicht nur zu überstehen, sondern aktiv zu überwinden und dabei Lebensmut, Lebensfreude und Freundlichkeit zu bewahren und zu stärken.“

Hungern müssen wir nicht mehr. Aber viele Menschen leben so, dass ihre Kräfte aufgebraucht werden und sie oft genug auch an die letzten Reserven gehen. Daher stellt sich die Frage: Welches ist meine letzte Reserve, die mir heilig ist und die ich stets unangetaste lasse? Welche kleinen Erlebnisse, Situationen, Symbole etc., die mir Kraft geben, gebe ich nicht preis?

Es ist gar nicht so leicht, das herauszufinden. Worauf werde ich um keinen Preis verzichten? Was hält mich auch dann noch aufrecht, wenn nichts mehr geht? Wer genug eigene Ressourcen hat und bisher noch keine größeren Krisen durchstehen musste, vermag sich nur schwer vorzustellen, wie die Antwort auf diese Fragen lauten könnte. geht es um die Erlebnisse, die besondere Freude bringen? Oder sind gerade diese Erfahrungen die Zugabe, die wir genießen können, weil es uns gerade gut geht?

Ich habe oft mit Menschen zu tun, die sich gerade in einer Krise befinden. Einmal sprach ich mit einem jungen Mann, der sich in den Prüfungen für das zweite Juristische Staatsexamen befand und vor Prüfungsangst wie gelähmt war. Gemeinsam stellten wir einen Notfallkoffer der Dinge zusammen, die er tun konnte, wenn die Angst ganz besonders schlimm war: Seine erste Idee war- schwimmen zu gehen. Und die zweite: einmal um den Wohnblock zu gehen. Bewegung als Kraftquelle, wenn die Gedanken verrückt spielen. Ein anderes Mal lernte ich eine Frau kennen, die tief deprimiert und ohne Antrieb war. Das Leben schien ihr ohne Sinn. Nichts wofür es sich lohnte, am Morgen aufzustehen – mit einer Ausnahme. Sie fühlte sich immer dann lebendig und von Freude erfüllt, wenn sie mit ihren beiden Katzen zusammen war und mit ihnen spielen konnte. Die Katzen waren ihre eiserne Reserve und letztlich auch die Kraftquelle, von der aus sie die Depression angehen konnte.

Um die eisernen Reserven im Blick zu haben, bietet es sich an, immer mal wieder eine Inventur der eigenen Ressourcen zu machen. Was eine Resource ist, bestimmen Sie selbst. Schreiben Sie auf, was Sie stärkt und Ihnen Freude und Erfüllung bringt. Und versuchen Sie einzuschätzen, wie grundlegend diese Ressourcen für Ihr Leben sind und in welchem Maße sie unverzichtbar sind. Schauen Sie genau hin. Schreiben Sie nicht: „meine Kinder“, sondern, was genau Sie mit Ihren Kindern tun. Ich zum Beispiel möchte nicht darauf verzichten, meinen Kindern abends vorzulesen. Um herauszufinden, was Ihnen wichtig ist, können Sie sich fragen: Wenn ich eine Aktivität mit meinen Kindern auswählen müsste; welche würde das sein? Sie werden feststellen, dass sich Ihre Ressourcen im Laufe der Zeit verändern. Ressourcen können auch ihren Charakter ändern. Wenn die Kinder in die Pubertät kommen und die elterliche Autorität infrage stellen. Dann werdern sie womöglich, statt Quell der Freude zu sein, zeitweilig alle Kräfte beanspruchen. Oder wenn aus dem gelegentlichen Joggen ein ehrgeiziges Marathontraining wird… Wenn Sie Ihre Ressourcen im Blick haben, werden Sie ein Gefühl für die eisernen Reserven entwickeln. Und einen Notfallkoffer zur Hand haben, der es Ihnen ermöglicht, eine lange SOUDURE zu überstehen….

Ihr Coach

Ich bin zertifizierter Coach (CPCC), Psychodramatiker und Improtheaterspieler.

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Kundenstimmen

  • Wenn ich spiele, gibt das einen direkten Impuls. Es ist ganz anders als drüber zu reden. Wenn man redet, denkt man nach, aber spürt es im Körper gar nicht. Die szenische Exposition ist viel klarer. Da kommt viel mehr bei rum und man spürt mit allen Sinne, was da passiert.

    David Feldmann
    Physiker
  • Was es mir bringt spielerisch zu arbeiten? Es ist die Leichtigkeit, die dadurch entsteht. Es nimmt die Schwere, es nimmt auch die Angst vor bestimmten Dingen. Es bringt auch Freiheit.

    Simone Bloeß
    Yogalehrerin
  • Stefan schafft einen vertrauensvollen Raum, in dem sich die Teilnehmenden völlig frei ausprobieren können. Er hat ein tolles Gespür für die Gruppe und kann spontan darauf reagieren, wie es der Gruppe gerade geht. Er hat zudem das handwerkliche und professionelle Know-how, um mit den einzelnen Übungen die Gruppe immer wieder in neue Experimentierfelder zu führen.“

    Stephan Schill
    Stephan Schill
    Schauspieler und Trainer
  • Bei dieser Herangehensweise, körperlich über Dinge nachzudenken, habe ich gemerkt, dass die Erfahrung sehr lebendig macht und auch sehr lebendig in mir verankert. Ich gehe mit diesem Körpergefühl raus – und das bleibt.“

    Susanne Langer
    Coach
  • Ich war überrascht, dass ich es geschafft habe, mich selbst herauszufordern. Ich glaube, dass liegt daran, weil Stefan die Übungen gut durchdenkt, didaktisch gut aufbaut und methodisch gut erklärt.

    Tobias Schröder
    Tobias Schröder
    Eventmanager