Drei Lebensaufgaben spielen auch für den Verlauf einer Karriere eine große Rolle:
- Veränderungsprozesse gestalten,
- eine Antwort auf die Frage finden: „Was will ich?“
- und Entscheidungen treffen.
Der Weg zur richtigen Entscheidung schien lange klar: Optionen suchen, pro- und kontra-Liste schreiben, auswählen und loslegen. Der Glaube in einen rein auf den Verstand setzenden Prozess wurde jedoch erschüttert als beispielsweise in Tests zufällig ausgewählte Passanten auf der Straße mit ihren Aktienempfehlungen besser lagen als professionelle Händler. Es schlug die Stunde der Bauchentscheidungen. Aber auch unsere Intuition kann uns täuschen. Ganz klar: Es kommt auf die richtige Balance zwischen Verstand und Intuition in Entscheidungsprozessen an. Aber wie geht das?
Die amerikanischen Autoren Chip und Dan Heath haben ein Buch über Entscheidungsprozesse geschrieben, das mit einer sorgfältigen Analyse von typischen Entscheidungsfehlern beginnt. Sie identifizieren vier Fallen, in die wir bei unseren Entscheidungen immer wieder tappen:
- Wir verengen den Fokus auf „entweder – oder“ Situationen, statt nach der Möglichkeit eines „sowohl – als auch“ zu fragen.
- Bei der Bewertung von Alternativen sammeln bzw. bevorzugen wir jene Informationen, die bereits bestehende Überzeugungen stützen.
- Wir lassen uns von kurzfristigen Emotionen leiten und fragen nicht nach der langfristigen Tragfähigkeit einer Alternative.
- Wir vertrauen felsenfest darauf, die Konsequenzen unserer Entscheidungen zu kennen.
Nicht jeder hat das Pech, sich gleich in allen vier Fallstricken zu verfangen. Aber ein enger Entscheidungsfokus und interessengeleitete Bewertung sind auch bei an sich guten Entscheidern durchaus üblich.
Gerade bei großen Weichenstellungen, zu denen Karriereentscheidungen ohne Zweifel gehören, ist es wichtig, diese typischen Entscheidungsfehler zu vermeiden. In meinem Karrierecoaching folge ich daher den Empfehlungen von Chip und Dan Heath und gestalte mit meinen Kunden einen Suchprozess der neben anderen auf jeden Fall die folgenden vier Schritte beinhaltet:
Brainstoming
Auf der Grundlage einer Analyse von Kompetenzen („Was kann ich?“) und Interessen („Was macht mir Spaß“) führen wir gemeinsam ein Brainstorming durch, bei dem es darum geht, möglichst viele neue Optionen zu generieren und viele alternative Wege zu finden, um die eigenen Ziele zu erreichen; auch solche, die auf den ersten Blick eher abwegig erscheinen. Eine Klientin begeisterte sich so kürzlich für die Idee, sich bei einer Baumarktkette als Expertin für die gezielte Ansprache von Frauen als Kundinnen zu bewerben.
Bewertung
Hier geht es darum, zusätzliche Informationen aus neuen Informationsquellen zu sammeln, um den sog. Bestätigungsfehler zu vermeiden. Die eigene Pro- und Kontra-Liste wird erst einmal weggelegt. Die schon vorhandenen Überzeugungen werden als unbestätigte Hypothesen betrachtet, die es zu überprüfen gilt. In diesem Schritt wird der zuvor geweitete Fokus wieder verengt. Übrig bleiben zwei bis drei Optionen.
Distanz
Um eine vorschnelle Entscheidung unter dem Einfluss kurzfristiger Emotionen zu verhindern, kommt es nun darauf an, sich in Geduld zu üben und nicht unmittelbar zu entscheiden. Gerade große Entscheidungen sollten reifen können. Etwas mehr Distanz und Zeit tragen oft dazu bei, Klarheit bezüglich der langfristigen Tragfähigkeit einer Entscheidungsalternative zu erlangen.
Fehlerfreundlichkeit
Karriereentscheidungen erfolgen immer unter Unsicherheit. Wenn wir den Gedanken zulassen, dass wir auch falsch liegen können, fällt der erste Schritt leichter. Wenn wir schon einmal durchgespielt haben, was im Falle des Scheiterns geschehen könnte, verliert die Ungewissheit viel von ihrem Schrecken.
Ein Entscheidungsprozess, der diesem Vorgehen folgt, erfordert etwas mehr Zeit und Aufwand. Der Lohn ist gewählte Alternative, mit der wir gut leben können. Wir haben diese Alternative auf Herz und Nieren geprüft. Und wir überfrachten sie nicht mit hohen Erwartungen. Wir können nun durchstarten – mit Energie, Entschlusskraft, Vorfreude und Gelassenheit….