Kennen Sie das reflektierende Team? Das ist eine Methode in Therapie und Beratung, bei der alle Beteiligten ihr eigenes Denken und das der anderen beobachten. Die Methode basiert auf einem echten Dialog, bei dem die daran Beteiligten sich selbst und einander zuhören. In einem erläuternden Aufsatz dazu zieht der Erfinder der Methode, der norwegische Psychologe Tom Andersen, eine Paralle zur Atmung. Zwischen Einatmen und Ausatmen gibt es jeweils eine kleine Pause, in der alle Bewegung ruht. Normalerweise bemerken wir diese Atem-Pause nicht, bis wir unsere Aufmerksamkeit bewusst darauf richten.
Tom Andersen schlägt vor, Atem-Pausen auch in Gesprächen zu bemerken: vor dem Reden (Handeln) und vor dem Zuhören (Wahrnehmen). Er schlägt vor, diese Pause zu nutzen und sich zu fragen:
- Was wurde wirklich gesagt?
- Was von dem Gehörten erstaunte mich am meisten?
- War das, was ich gesagt habe, un-angemessen un-gewöhnlich?
Die Wahrnehmung von Atem-Pausen im Gespräch macht dieses langsamer. Zwischen den Rede- und Hörimpulsen entstehen so Räume, in denen „…der Geist genügend Zeit hat, die Ideen auszuwählen, an die er gern angeschlossen ist, und um die Worte zu finden, die diese Anknüpfung ausdrücken können.“ Diese Langsamkeitserfahrung hatte ich erst kürzlich bei einer QiGong-Übung. Anfangs führte ich sie etwas schneller durch und merkte plötzlich, wie meine Achtsamkeit schwand und meine Gedanken kreisten. Als ich mich daraufhin langsamer bewegte, konnte ich die Bewegung gut beobachten, während ich sie ausführte. So wünsche ich mir auch meine Kommunikation: einatmend zuhören ohne zu reflektieren, in der Atempause mich befragen und ausatmend die Gedanken klar aussprechen.
Das Spiel mit Pausen und Tempo macht noch mehr möglich, einen gemeinsamen Rhythmus der im Dialog Stehenden: „Eine Konversation sollte danach streben, das Sprechen, Denken und Zuhören der zwei oder mehr Teilnehmer einzubeziehen, und zwar in bezug auf Geschwindigkeit und Rhythmus. Wenn wir mit jemandem reden, versuchen wir, seinem Rhythmus zu folgen, ohne unseren eigenen zu verlieren.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viele wahrnehmbare Atem-Pausen!
Quelle: Tom Andersen (Hrsg.) „Das Reflektierende Team: Dialoge und Dialoge über die Dialoge.“ Verlag Modernes Leben: Dortmund